Szenario 1: Ein 63jähriger KFZ-Mechaniker steht da und weint bittere Tränen. "Ich muss noch ein paar Jahre durchhalten ... kann jetzt noch nicht das Handtuch werfen ... mit meiner jetzigen Rente könnte ich nicht leben und mit einem Rentenabschlag bei vorzeitigen Rentenbeginn schon gar nicht. "
Die neuen Bundesländer haben immer noch eine Lohndifferenz zu den alten Bundesländern - weniger Lohn , weniger Rentenanspruch. Ist da die Altersarmut nicht vorprogrammiert ?
Viele Industriezweige sind in und nach der Wendezeit im Osten weggebrochen . Textilindustrie, Fahrzeugbau usw. - die Menschen , die dort gearbeitet haben wurden arbeitslos. Wer in der Wendezeit im besten Alter war ist heute Rentner oder steht kurz vor der Rente. Er/Sie hatte in den letzten 19 Jahren schon "altersbedingt" wenig Chancen auf eine neue Arbeit ... es gibt ja nicht mal genügend Arbeit für die jüngere Generation. Oder aber er/sie hatte wieder Arbeit mit einer geringeren Entlohnung . Oder wurde wieder arbeitslos , weil wer will schon über 50jährige wenn es so viele junge Arbeitskräfte zum Aussuchen gibt. Was bleibt am Ende ? Eine geringe(re) Rente , weil wenig(er) in die Rentenkasssen eingezahlt.
Obiges Szenario hat diese Woche genau so stattgefunden und ich fand es mehr als erschütternd. Der steht so ein wirklich herzensguter älterer Mensch da und ist totunglücklich über die Kündigung meines LG. Die beiden haben sich sehr gut verstanden und mein LG war sein Lichtblick und seine Hoffnung , die Zeit bis zur Rente durchzustehen.
Denke ich weiter drüber nach , oder lass ich es lieber bleiben ?
Szenario 2: Die Zusatzversorgungssysteme der DDR . Betrifft bei mir beide Elternteile und beide haben diesen Anspruch bis heute nicht auf ihre Renten angerechnet bekommen . Als Bsp , damit Ihr wisst wovon ich rede die Eisenbahnerversorgung der DDR. Meine Mutter hat als Krankenschwester und Krippenerzieherin im medizinischen Bereich gearbeitet. Auch da ... bis heute keine Anerkennung als öffentlicher Dienst und keine Anerkennung der damit erworbenen höheren Rentennsprüche.
Szenario 3 Kraftfahrer - 18 Jahre in der gleichen (Privat)Spedition , knapp 40 Jahre alt. In dieser Zeit von Stundenlohn 4,80€ "aufgestiegen" zu 5,70€. Besagter Kraftfahrer geht zum Chef und fordert mehr Lohn. Seine Vorstellung war ein Gehalt von 3000€ brutto + Spesen.( Der Stundendurchschnitt eines Kraftfahrers liegt bei ca 260 im Monat) Chef stand bei dieser Lohnvorstellung mit einer Erhöhung von 30% kurz vor dem Herzinfarkt und nein , sowas kann er sich nicht leisten. Eine selbst geringere Lohnerhöhung erfolgt bis jetzt nicht. Nur: In dieser Spedition werden alle 3 Jahre die geleasten Zugmaschinen in neue ausgetauscht. Größer , besser muss schon sein schließlich muss man ja sein Image pflegen. Nur: 2006 war in der Firma ein wirtschaftlich schlechtes Jahr - 2007 ein Bombenjahr. Wie kann es dann sein , daß besagter Kraftfahrer trotz Boom in 2007 weniger verdiente wie in 2006 ?
Wo führt das alles noch hin ????????? Ich finde das alles ziemlich beschämend - macht mich nachdenklich und traurig - ich glaube nicht , das ich in diesem Land alt werden will .
Szenario 1 - ein persönliches Erlebnis von dieser Woche und Szenario 3 - ein persönliches Gespräch zwischen Kraftfahrer und ehemaliger Disponentin von gestern
gutes Thema... nur würde ich Dein Topic nicht mit Dilemma, sondern mit Tragödie beschreiben.
Zitat von Andrea Viele Industriezweige sind in und nach der Wendezeit im Osten weggebrochen . Textilindustrie, Fahrzeugbau usw. - die Menschen , die dort gearbeitet haben wurden arbeitslos. Wer in der Wendezeit im besten Alter war ist heute Rentner oder steht kurz vor der Rente. Er/Sie hatte in den letzten 19 Jahren schon "altersbedingt" wenig Chancen auf eine neue Arbeit ...
Im Westen sind nach der Wende auch einen Haufen Industriezweige weggebrochen und ganze Regionen wurden arbeitslos, weil es ja "günstiger" war im Osten zu produzieren und außerdem hatten die Ossis* ja eh keine Ahnung vom Lohnniveau und den geltenden Gesetzen dieses Landes. Uns Wessis hat man damals gesagt, dass die Infrastruktur der neuen/alten Deutschen doch erstmal aufgebaut und ausgebaut werden müsse. Ja klar und dann hast Du als Wessi nur genickt und gedacht, "okay ein ganzes Land lässt sich nicht zum Nulltarif "einverleiben", man muss schon etwas für die armen Ossis tun...". Du hattest z.B. am Anfang auch wenig Probleme damit den «Solidaritätszuschlag» zu zahlen. Es gab Umfragen zu diesem Thema und die meisten Wessis sagten sowas wie "na klar, denen muss man doch erstmal auf die Beine helfen...".
Kommen wir zur Wirklichkeit? Ich möchte nicht wirklich wissen wie viel von einer DM damals wirklich im Osten gelandet ist, 5 Pfennige, 10 Pfennige? Firmen die hier weg gingen, um den Osten "aufzubauen" hinterließen Regionen mit tausenden Arbeitslosen, was ja dann auch wieder finanziert werden musste. Die Industrie, die zum Aufbau in den Osten ging, bekam auch noch Zuschläge vom Staat (welcher auch finanziert werden musste und nun lass uns mal kurz überlegen wer das bezahlt hat!?) nur um dann im Osten mit niedrigeren Gehaltszahlungen noch mehr zu verdienen, also doppelt abzukassieren, Zuschläge aus dem alten Land, mehr gewinn durch weniger Kosten im neuen und wir (West-)deutschen haben die ganze Zeit Gedacht "oh die armen Ossis" womit wir ja auch Recht hatten, aber wir waren nicht besser dran, auch wenn wir im «goldenen Westen» lebten.
Du fragst, ob Du weiter darüber nachdenken sollst? Nun liebe Andrea, das ist Deine persönliche Grundsatzentscheidung. Darüber nachdenken regt nur auf, schadet Dir also nicht darüber nachdenken macht die Lage nicht besser und hilft keinem. Vom Prinzip her ist es also völlig egal was Du machst, gedanklich, aber ist, wenn es um Geld geht, nicht jeder sich selbst der Nächste?... Und alles was darüber hinausgeht wollt Ihr jetzt nicht von mir lesen
Fassen wir Szenario 2 und 3 mal zusammen und wir sehen einzig daran wie man wirklich Geld verdient und einen Haufen Menschen verarscht. Regt sich das Volk darüber auf, ist es heute ein gutes Mittel alles auf unsere Birne (ehemaliger Kanzler, Dr. Helmut Kohl) zu schieben und zu sagen, er habe das alles vorher gewusst und die Politiker heute müssen das "Dilemma" eben ausbaden. Und was passiert? Das Volk hat auch noch zu großen Teilen Mitleid mit den aktuellen Politikern!? Es gibt viele Theorien, was man mit der ehemaligen hätte damals machen sollen. Ich persönlich bin der Meinung, dass man die DDR als souveränen Staat hätte selbständig mit allen Rechten leben lassen sollen und ihr mit div. Geschäften und Aufträgen hätte helfen sollen. Aber man hat nicht nur die Mauer abgerissen, sondern Industrie, Gebäude, ganze Landschaften dem Erdboden gleich gemacht (weil es sollte ja alles neu und besser sein) und damit gleich zwei Länder in den Ruin gestürzt.
Zitat von Andrea 2006 war in der Firma ein wirtschaftlich schlechtes Jahr - 2007 ein Bombenjahr. Wie kann es dann sein , daß besagter Kraftfahrer trotz Boom in 2007 weniger verdiente wie in 2006 ?
Ich sage dazu jetzt mal bewusst provokativ (nicht um Dich zu ärgern, denn um dabei zu bleiben, wir "Wessis" erleben es ja 1:1 genauso) also wenn Du das noch nicht verstanden hast, dann wundert mich nicht, dass der Osten noch immer nicht blüht Wie macht man denn mit dem wenigsten Aufwand den meisten Gewinn? Kann doch nur auf Kosten des kleinen Mannes sein, oder? Auf die Regierung bezogen, wie bezahlt man Fehler die man selbst gemacht hat? Auf Kosten der Bürger eines Landes und weil es so populär macht, schiebt man die Schuld auf andere Politiker, andere Länder... (Russland mit der "Russemafia" und den Ostblock allgemein, zahlt aber nach z.B. Russland noch immer Aufbauhilfe, [weil, wir haben es ja... ] denn den Russen geht es ja nicht gut. Das ist auch vollkommen richtig, denn dem sozialistischen Staat schlechthin auf diesem Planeten ist wohl leider etwas aus dem Ruder gelaufen. In Russland gibt es einige wenige wirklich reiche Leute, aber dafür hat das Volk nichts, ist es aus alten Zeiten aber noch immer gewohnt lieber die Klappe zu halten ...).
auf die Möglichkeiten des Volkes in einer "Demokratie"
Kommen wir zum Abschluss auf Deine Kernfrage, Rente, Rentner... Dilemma? Sorry, ich bin etwas vom Thema abgekommen. Das will ich Dir mal aus eigener Sicht beantworten. Im aktuellen Moment und unter aktuellen Voraussetzungen (schwierig zu erklären) würde die Rente für mich bedeuten, dass entweder ins "arme" Ausland gehe, um dort etwas besser zu leben, oder doch besser noch etwas arbeite, was mir manchmal etwas schwer fällt (Ihr wisst ja warum). Und um Deine Aussage aufzugreifen, dass Du nicht in so einem Land alt werden möchtest, ich für meinen Teil möchte das auch nicht wirklich, aber was ist die Alternative in der Welt?
So, sorry wegen Ossi und Wessi, aber es passte gut zum Thema. Ich finde den Ausdruck nach wie vor zum
Zitat von hexlein_ziSzenario 1: Ein 63jähriger KFZ-Mechaniker steht da und weint bittere Tränen. "Ich muss noch ein paar Jahre durchhalten ... kann jetzt noch nicht das Handtuch werfen ... mit meiner jetzigen Rente könnte ich nicht leben und mit einem Rentenabschlag bei vorzeitigen Rentenbeginn schon gar nicht. "
Weißt Du , was ich dabei gefühlt habe ? Ich habe mich geschämt ... ich bin 20 Jahre jünger und ich bin RentnerIn , dieser Druck und der Zwang um jeden Preis durchhalten und funktionieren zu müssen sind weg . Da werden Leute kurz vor der Rente von 25jährigen cholerischen Chefchens angebrüllt - einfach so ... der Respekt vor dem Alter ist auch irgendwo auf der Strecke geblieben.
Ich mag diesen Mann sehr , obwohl ich ihn erst 4 Monate kenne. Mich macht diese Episode vom Donnerstag immer noch traurig , wütend , fassungslos ... es und er tut er so unendlich leid ... und ich hasse generell diese Hilflosigkeit , wenn man gegen irgendwelche Umstände nicht angehen kann.
Jetzt bin ich zwar ein wenig vom Thema abgekommen , aber egal . Leztendlich war es der Auslöser , mal wieder darüber nachzudenken.
Zitat von hexlein_zi ... Weißt Du , was ich dabei gefühlt habe ? Ich habe mich geschämt ... ich bin 20 Jahre jünger und ich bin RentnerIn , dieser Druck und der Zwang um jeden Preis durchhalten und funktionieren zu müssen sind weg .
Weißt Du Andrea, dass Du Dich dabei geschämt hast ehrt Dich als Mensch, aber Du kannst doch nichts dafür Und Du bist doch nicht in Rente, weil Du keinen Bock mehr hattest etwas zu tun! Dass Dir dieser Mann leid tut kann ich verstehen, aber wie Du schon schreibst, wirst Du leider nicht dagegen angehen können.
Die Wut und Trauer von der Du schreibst sollte jeder in sich haben, gerade heute, aber das ist leider nicht so!!! Und Respekt vor Menschen, egal welchen Alters, wenn es um Geld geht?
Ich finde auch nicht, dass Du vom Thema abgekommen bist. Immer raus damit, wenn Dich/Euch etwas ärgert!